Sylvia Stuhlhofer | ebenso Beitrag auf Fih-austria
Die Auseinandersetzung mit der Diagnose Hörschädigung fordert die Eltern dazu auf, Bewältigungskräfte bei sich zu aktivierten oder aber auch neu zu entwickeln.
Bekanntlich sind ca. 95% der Eltern, bei deren Kinder die Diagnose Hörschädigung diagnostiziert wird, gut hörend (Mitchell & Karchmer 2004). Entsprechend ist davon auszugehen, dass diese Eltern diese Diagnose unvorbereitet trifft, wenn nicht bereits Vorerfahrungen da sind. Die Ängste und Sorgen, die sie beschäftigen, sind vielfältiger Natur. Eltern hörgeschädigter Kinder trifft vor allem zuerst die Sorge, wie können sie mit ihrem Kind in einen kommunikativen Dialog treten und Austausch kommen und wie wird sich das Kind sprachlich entwickeln. Dann merken Eltern sehr schnell, dass sich ihre ganze Lebenssituation, der Alltag und das Lebensumfeld verändert. Vor allem sind die Lebensentwürfe junger Familien durchkreuzt und infrage gestellt. In der Psychotherapie sprechen wir von krisenhaften Lebenssituationen, in der sich eine Familie nach solch einer Diagnosestellung befindet. Es wird auch mit dem Begriff des “kritischen Lebensereignisses” beschrieben (Filipp&Aymanns 2009).
- mit ihrer Enttäuschung, Trauer und Schuld fertig zu werden
- mit dem Zorn und Vorwürfen auf Ärzte umgehen zu lernen
- mit Unsicherheiten der zukünftigen Entwicklungsperspektiven in den Griff zu bekommen
- mit den Belastungen in den Beziehungen mit Partner, Verwandten, Freunden … klar zu kommen und dies auch auszuhalten
- mit anstehenden Aufgaben und Förderungen im Alltag mit sich und ihrem Kind zu organisieren
- sich auf anstehende Entscheidungen in Bezug auf Förderung, Implantation, alternative Kommunikationsformen usw. sich gut vorzubereiten, welcher Weg für ihr Kind der passende ist.
(Hintermair&Sarimski,2014, S.20)
Die Bewältigung dieser Herausforderungen gelingt in unterschiedlicher Weise und es kann ein erhöhtes Belastungserleben auftreten. Dazu gibt es Studien. Hier ist die Tatsache einer Hörschädigung weniger ausschlaggebend als eine Reihe von Faktoren, die einen Einfluss auf das Belastungserleben haben. Dies kann durch gute frühe Interventionen wiederum beeinflusst werden. Besonders hervorzuheben ist hier die soziale Unterstützung, die Eltern durch verschiedene Personengruppen erfahren. Familie, Freunde, Betroffene, Fachleute bilden ein wichtiges soziales Netzwerk. Ebenso wichtig sind die persönlichen Ressourcen, wie Kraft und Kompetenz zu nennen, die Eltern in der Lage sind zu entwickeln, um sich mit den veränderten Lebenssituationen zu arrangieren.
Zusammengefasst ist zu sagen, dass eine frühe familienorientierte Intervention einen wesentlichen Betrag dazu leistet, dass Eltern diese Belastungen bzw. Herausforderungen mit ihrem hörgeschädigten Kind gut zu bewältigen vermögen. (Hintermair&Sarimski 2014, S. 27)